Dirk Gentlys holistische Detektei

Dirk Gentlys holistische Detektei

Also ich würde als Kernursache für die geringere Offenheit und den steigenden Burnout vor allem Professionalisierung vorschlagen. Es ist immer sehr unbeliebt, als Ursache eines Problems etwas anzugeben, das nicht behoben werden kann oder so erwünscht ist, dass man es nicht beheben will, aber ich denke, man muss sich hier vielleicht mit dem Gedanken anfreunden, dass das "Problem" sinkender Offenheit insofern keines ist, als seine Behebung den Umsturz eines eminent wünschenswerten Sachverhalts erfordern würde.

Kurz mal die Argumentationslinie: Wikipedia wird besser =>

  • höhere Anforderungen an Neuautoren => geringere Offenheit
  • stärkere Rezeption, größere Sichtbarkeit => größerer Andrang vonseiten solcher, die sich selbst überschätzen, d.h. potentiellen Trollen und Störern UND Abschreckung solcher mit von Bescheidenheit geprägten Selbstbild, ("kann ich dazu überhaupt noch was beitragen?") d.h. potentiell fähigen Mitarbeitern
  • höhere Anforderungen an Altautoren => Burnout

Insgesamt ist dieses Bild natürlich stark vereinfacht, es gibt Feedback-Schleifen wie: Trolle => Stress bei Autoren => pampige Ansagen an andere Autoren => schlechtes Arbeitsklima => Burnout => pampige Ansagen an andere Autoren. Als Flowchart könnte man wahrscheinlich die potentiell verheerenden Auswirkungen der Professionalisierung am besten veranschaulichen...

Man kann hier verschiedene einzelne Aspekte aufgreifen und versuchen, im Detail etwas zu verbessern, aber ich möchte hier einfach mal ganz provokant die Systemfrage stellen: Ist Offenheit (in Punkto Anmeldung als Benutzer) ein Wert an sich? Ist Offenheit ein höherer Wert als Professionalität? Inwieweit sind Offenheit und Professionalität vereinbar? Ich denke, wie bereits ausgeführt, dass ein Umdenken beim Offenheitskonzept unabdingbar ist.

  • Zur Stärkung der Professionalität würde ich vorschlagen, dass jeder angemeldete Benutzer auf seiner Benutzerseite verpflichtend mindestens ein Themengebiet angeben müssen sollte, in dem er sich kompetent fühlt (das kann auch "Dörfer in Oberfranken" sein). Eine Mitarbeit in entsprechenden Redaktionen/Portalen sollte als Selbstverständlichkeit gefordert werden.
  • Zur Verringerung der Offenheit würde sich aus meiner Sicht kanonisch anbieten, Wikipedia in genossenschaftliches Eigentum zu überführen und die Eröffnung eines Benutzerkontos mit einem Beitritt zur Genossenschaft zu koppeln. (Das sei jetzt einfach mal als idyllische Spinnerei aufzufassen.) Dabei könnte eine gewisse Probezeit generisch sein.
  • Bei verringerter Offenheit und erhöhter Professionalität wäre die Möglichkeit zur (z.B. maximal einwöchigen) Halbsperrung von Artikeln (und Aufhebung solcher Sperren) für jeden angemeldeten Benutzer denkbar.

Natürlich würde das dazu führen, dass die Anzahl angemeldeter Benutzer langsamer stiege, aber es könnte für Artikelqualität ebenso wie Arbeitsklima Wunder wirken. Ich denke insbesondere, dass eine genossenschaftliche Organisation den Umgang mit dem Projekt ernsthafter machen könnte.

Naja, genug der Spinnerei, jetzt nehm ich noch kurz die Maske runter!

92.206.93.25318:47, 15 May 2011